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Meine Monster und ich im Fokus der Aufmerksamkeit

Es bleibt spannend

denn es sind nicht mehr ganz 3 Wochen bis zum Halbmarathon in Berlin und 1 Tag bis die Asics Frontrunner 2019 bekannt gegeben werden. Doch ich bin hin und her gerissen, ob die Bewerbung eine gute Idee war. Ich habe gleichzeitig Angst in die Community aufgenommen zu werden, aber ebenso Angst eine Absage zu erhalten. Meine Monster im Kopf machen mir es wirklich nicht leicht mit ihrem Chaos im Kopf

Die Monster-Seite

Durch diese Ängste bin ich überhaupt nicht mehr sicher, ob ich wirklich ein Frontrunner sein will, ob ich gut genug bin, ob ich ein guter Markenbotschafter für eine Sportmarke sein kann. Irgendwie habe ich auch eine ziemliche Angst davor, dass morgen eine Mail im Postfach aufblinkt, die mir zur Aufnahme als Frontrunner gratuliert.

Schließlich gehört es dazu, die Öffentlichkeit, andere Menschen zu suchen, um als Markenbotschafter einen guten Job zu machen, doch ich brauche regelmäßig Auszeiten, Zeit allein für mich – ohne andere Menschen. Soziale Kontakte sind mit Monstern im Kopf nicht immer einfach zu bewerkstelligen, da ich sie gegenüber von anderen Menschen lieber verstecke (soweit ich das unter Kontrolle habe). Und dieses Verstecken kostet unheimlich viel Kraft, die mir leider nur begrenzt zur Verfügung steht, weil die Kontrolle der Monster schon sehr viel Energie benötigt.

Gerade gegenüber mir fremden Personen bin ich oft sehr misstrauisch und ängstlich, ob sie mit mir und meinen Monstern im Kopf klar kommen. Ich habe Angst, dass in Gesprächen Themen angesprochen werden, mit denen ich so meine Schwierigkeiten habe oder mich schlimmstenfalls so triggern, dass ich die Kontrolle über meine Monster verliere.

Vor allem das Thema Arbeit ist bei mir immer noch mit großer Angst verbunden, doch die Frage „was machst du eigentlich beruflich“ ist eine der erste Fragen, die kommt, wenn Menschen sich zum erstmal begegnen… gehört wohl neben dem Thema Wetter zum Smalltalk. Es fällt mir wahnsinnig schwer, meinem Gegenüber mitzuteilen, dass ich wegen psychischer Erkrankungen bereits berentet bin. Wenn ich dann auch noch erzähle, dass ich in verschiedenen Sozialen Berufen tätig war, schaue ich oft in erstaunte Augen meines Gegenübers. „Da wird doch Personal gesucht!“ kommt dann kurz darauf und schon beginnt in meinem Kopf eine laute Diskussion, teilweise schreien meine Monster laut durcheinander. „Wieso hast du die Wahrheit gesagt?“, „Der/Die hält dich jetzt für den totalen Versager/ Sozialschmarotzer“ und „warum bin ich so empfindlich und nicht belastbar?!“ „Was habe ich falsch gemacht?“ Dieses innere Chaos führt dann bei mir oft zu einer Art „Blackout“, das bedeutet, dass ich nichts mehr mitbekomme, was um mich rum passiert und ich irgendwie abwesend wirke. Das dies bei meinem Gegenüber dann auch ziemlich seltsam ankommen kann, dürfte nachvollziehbar sein, oder?

Ich weiß, dass ich nicht auf meine Monster im Kopf hören sollte, doch sie zu ignorieren fällt mir nicht leicht . Sicher, es gibt Gründe, warum ich aus dem normalen Arbeitsmarkt ausgeschieden bin und auch mehrere ärztliche Gutachten, die ich über mich ergehen lassen musste, bestätigen dies. Doch oft genug überkommt mich eine gewisse Scham, dass ich nicht genug bin und habe das Gefühl, dass ich kein vollwertiger Mensch bin. Dieses Gefühl sitzt leider sehr tief und lässt sich mit dem Verstand nicht wirklich wegrationalisieren und auch Rückmeldungen von lieben Menschen helfen leider nur bedingt.

Die Läuferseite

Laufen im Dauerregen

Doch dann gibt´s doch die andere Seite: Ich liebe das Laufen und dabei fühle ich mich wohl und sicher!
Der letzte Sonntag war ein wunderschöner Lauftag: 2 Stunden langsamer Dauerlauf mit meinem Mütterleinchen bei schönsten Sonnenschein und blauen Himmel. Es tat so gut nach den letzten Trainingseinheiten mit Schuhen, die bei jedem Laufschritt das kurz vorher aufgesammelte Wasser wieder ausspuckten, mit eiskalten Fingern aufgrund der aufgeweichten Handschuhe und durchgefrorenen Beinen, die durch den Sturm und den Daueregen, gefühlt nicht mehr bewegungsfähig waren. Doch irgendwie war ich mega stolz mein Training trotz der widrigsten Umstände durchgezogen zu haben und konnte das anschließende heiße Bad sehr genießen.
Nach der langen krankheits- und verletzungsbedingten Laufpause freue ich mich auf jede Trainingseinheit, die ich ohne Schmerzen oder andere Einschränkungen absolvieren darf. Wie gesagt: Laufen hilft mir meine Monster im Kopf unter Kontrolle zu behalten, mehr noch: ganz oft kann ich sie sogar vergessen.

Langer Dauerlauf im Sonnenschein

Für mich ist es eine schöne Vorstellung, wenn ich mit Hilfe von den Asics Frontrunner noch andere Menschen für den Laufsport begeistern könnte oder Läufer*Innen über psychische Erkrankungen zu informieren, um so einer weiteren Stigmatisierung entgegen zu wirken. Denn Laufen verbindet. Mit Hilfe der Community könnte ich vielleicht auch Tipps bekommen, wie ich psychisch erkrankte Menschen sinnvoll an das Lauftraining heranführen kann und ich könnte ihnen Tipps geben, wenn sich befreundete Läufer*Innen plötzlich verändern oder zurück ziehen. Ich möchte zeigen, dass auch Menschen mit einer psychischen Erkrankung durch Sport eine Verbesserung ihrer Symptome erreichen können ohne Höchstleistungen erbringen zu müssen oder von anderen verurteilt zu werden. Sich mit anderen austauschen und so den sozialen Rückzug verhindern, ist natürlich auch ein Aspekt, zu dem das Laufen beitragen kann. Gleichzeitig kann diese Sportart aber auch alleine überall durchgeführt werden und man ist von anderen und örtlich unabhängig.

Die erste Person habe ich mit meiner Lauferei schon so begeistert, dass sie nach einigen Laufveranstaltungen mit kürzeren Distanzen im Juni ihren ersten Halbmarathon laufen möchten, bei dem ich sie begleiten darf. Sie hat sich mich als Coach gewünscht und ich versuche sie ab nächster Woche bei ihrem Training so gut wie es geht zu unterstützen. Das ganze läuft hauptsächlich über die modernen Kommunikationsmittel wie WhatsApp und Email ab, da sie letztes Jahr in ein anderes Bundesland gezogen ist und so gemeinsame Trainingseinheiten sehr schwer möglich sind. Ich möchte sie mit viel Spaß, gesund und wie sie selbst sagt: „in einem Stück“ über die Ziellinie bringen.

Bis jetzt habe ich „nur“ mein Mütterleinchen gecoacht, was auch erfolgreich funktioniert hat und ich mit ihr sehr viel zum Thema Training und Trainingssteuerung gelernt habe, vor allem die Zusammenhänge zwischen Training, Ernährung und Regeneration. Mich interessiert fast alles was mit Laufen zu tun hat und ich erhoffe mir da auch von der Community der Asics Frontrunner ein paar wertvolle Tipps, die ich auch meinen Schützlingen weitergeben kann.

Und jetzt?

Eigene Zeichnung – Innere Zerrissenheit

Diese beiden Seiten sorgen momentan bei mir für eine ziemliche innere Anspannung und Unruhe, die ich versuche mit Training im Fitnessstudio und natürlich Laufen zu verringern. Manche von euch denken jetzt vielleicht, dass das eine „normale“ Ungeduld und Vorfreude auf etwas Neues ist, doch so eine soziale Angst gehört oft leider auch oft zu den Traumafolgestörungen aufgrund von massiven persönlichen
negativen Erlebnissen, die nachhaltig die Nervenverbindungen im Gehirn beeinflusst haben. Es braucht also wieder viele positive / gegenteilige Erfahrungen, um die gestörten Nervenverbindungen zu reparieren oder neu aufzubauen. Sich also zu trauen, ehemals schlechte Erfahrungen aufzuarbeiten und sich wieder neuen Herausforderungen zu stellen, die im schlimmsten Fall auch wieder negativ ausfallen können, braucht also viel Mut.

Manchmal fehlt mir dieser Mut und auch die Kraft mich auf Neues einzulassen, doch mit Hilfe meiner Therapeutin und anderen Helferlein arbeite ich dran – manchmal geht´s vorwärts und manchmal bekomme ich Angst vor meinem eigenen Mut. Angst vor den Folgen, die mir ein mutiger Augenblick einbringt, denn oft wird erwartet, dass wenn ich einmal „über meinen Schatten gesprungen bin“, „mich meiner Angst gestellt habe“, dass dies zukünftig kein Problem mehr für mich darstellt.
Schön wär´s 🙂

….. so wie jetzt mit meiner Bewerbungsaktion als Asics Frontrunner …

Mut ist nicht die Abwesenheit von Angst,
sondern die Entscheidung etwas trotz der Angst zu machen.


4 Gedanken zu „Meine Monster und ich im Fokus der Aufmerksamkeit“

  1. Ein toller Beitrag! Und ich habe großen Respekt vor dir – Laufen ist so überhaupt nicht meins!

    Ich wünsche dir, dass du -mitunter auch MIT deiner Angst „gemeinsam“ – laufen gehen kannst! Leider hab‘ ich so gar keine Ahnung, was zum Marken-Botschafter-Sein alles dazu gehört, aber hier bist du ja auch schonmal eine tolle Botschafterin für das, was in dir so vorgeht und leistest damit schonmal einen wertvollen Beitrag. 🙂
    Mögest du zwischen den lauten „Schreiern“ im Kopf auch deine ganz erwachsene und rational denkende Seite zur Verfügung haben, um eine gute Entscheidung treffen zu können, ob du dich bewirbst oder nicht. 🙂

    Und dass die Angst nicht verflogen ist, nur, weil man sich ein Mal einer bestimmten Situation gestellt hat, ist ja völlig nachvollziehbar! Ich denke, das geht doch jedem so im Bezug auf irgendwas. Ein Mal auf einer Bühne gestanden zu haben bedeutet ja auch nicht, dass man nie wieder Lampenfieber hat… 🙂

    1. Vielen Dank für deine Worte 🤗 ich freue mich wirklich sehr, dass meine Texte nachvollziehbar sind und ich auch verstanden werde.

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